Chicken Nugget
Da sitze ich beim Fastfoodriesen mit dem goldenen M und führe mir mein Mittagessen zu Gemüte.
Neben mir am Tisch, ein junges Pärchen im Zenit ihrer Pubertät. Auch wenn ich als Autorin eine gute Beobachterin bin und mir in den seltensten Fällen etwas entgeht, reagiere ich im Normalfall nicht auf Personen, die nicht mindestens Dreißig und männlich sind oder in anderer Hinsicht meinem Beuteschema entsprechen.
Bei verbalen Ausgüssen wie »fly sein«, »Kahba« oder »Pranken« setzt ohnehin der Selbstszerstörungsmechanismus meines Gehirns ein. Und so weit wollen wir es ja nicht kommen lassen.
Wie dem auch sei. Die Zwei unterhalten sich also. Plötzlich räuspert sich das junge Mädchen, hält einen halben Mc Nugget in die Luft und sagt ganz trocken: »Boah, ich hab mich fast verschluckt an das!«
›Okay‹, denke ich, grinse kurz und schalte mein Gehirn wieder auf Nahrungsaufnahme, bevor ich anfange zu lachen.
Als sie fertig sind, gehen sie Hand in Hand an mir vorbei. Sie, eine dieser weiblichen Klone, die bis auf kleine Accessoires alle aus der selben Retorte stammen. Er, ein spargeldünner Streichholz mit hochgegelter Frisur zwischen Justin Bieber und einem Navyseal. Seine hautenge blaue Jeans auf halb acht hängend und nach den neusten modischen Gegebenheiten eine Hand breit hochgekrempelt. Schneeweiße Sneakers an seinen Füßen und anstatt der üblicherweise freigelegten Knöchel, weiße Tennissocken.
Vielleicht sollte ich mich schämen, aber der erste Gedanke, der mir in diesem Moment durch den Kopf schoss: ›Gott, bitte lass die beiden zeugungsunfähig sein!‹
© Oktober/2018 Sophie Brandt
